Adventsgedicht 4/Advent

Morgen, Kinder, wird´s nichts geben

Morgen, Kinder, wird’s nichts geben!
Nur wer hat, kriegt noch geschenkt.
Mutter schenkte euch das Leben.
Das genuegt, wenn man’s bedenkt.
Einmal kommt auch Eure Zeit.
Morgen ist’s noch nicht so weit.

Doch ihr duerft nicht traurig werden,
Reiche haben Armut gern.
Gaensebraten macht Beschwerden,
Puppen sind nicht mehr modern.
Morgen kommt der Weihnachtsmann.
Allerdings nur nebenan.

Lauft ein bisschen durch die Strassen!
Dort gibt’s Weihnachtsfest genug.
Christentum, vom Turm geblasen,
macht die kleinsten Kinder klug.
Kopf gut schuetteln vor Gebrauch!
Ohne Christbaum geht es auch.

Tannengruen mit Osrambirnen –
lernt drauf pfeifen! Werdet stolz!
Reisst die Bretter von den Stirnen,
denn im Ofen fehlt’s an Holz!
Stille Nacht und heilge Nacht –
Weint, wenn’s geht, nicht! Sondern lacht!

Morgen, Kinder, wird’s nichts geben!
Wer nichts kriegt, der kriegt Geduld!
Morgen, Kinder, lernt fuers Leben!
Gott ist nicht allein dran schuld.
Gottes Guete reicht so weit . . .
Ach, du liebe Weihnachtszeit!

(Erich Kästner)