Nachtfrost
Eisblumen bluehen an meinem Fenster
Graues Kristall in der schwarzen Nacht
Unruhe treibt mich umher im Zimmer
Draengt mich hinaus mit aller Macht
Hinaus nur hinaus aus dieser Enge
Hinaus aus dem morschen Gestein
Hinaus, hinaus, aus aller Bedraengnis
Der Mond lockt mich mit seinem fahlen Schein
Hinein in den Mantel, hinein in die Stiefel
Ich zieh die Kapuze tief ins Gesicht
Ihr sollt meine Augen nie mehr sehen
Gehabt Euch wohl bis zum juengsten Gericht
Zwar bin ich einsam doch bin ich frei
Zu gehen wohin ich will
Hinter mir liegt ein droehnender Tag
Vor mir die Strasse, verschneit und still
Eiszapfen glitzern im Licht der Laternen
Niemand gruesst mich verlogen und dreist
Finster gaehnen die Stuckfassaden
Die Dummheit schlaeft schon
Schnarchend und feist
Hinaus nur hinaus aus dieser Enge
Hinaus aus dieser Stadt
Hinaus, hinaus aus diesem Gefaegnis
Ich hab Euer Leben gruendlich satt
Und immer weiter der Strasse nach
Bis zum allerletzten Haus
Weiter, weiter, immer weiter
Ueber Stoppelfelder ins Moor hinaus
Unter meinen Schritten knirscht der Boden
Ein weisser Schleier vor meinem Gesicht
Am Himmel blinken millionen Gestirne
Nachtfrost doch ich friere nicht
Ich laufe und laufe und fuehle mich leicht
Um mich herum silbernes Gras
Der Waechter der Nacht weist mir den Weg
Jenseits von Liebe und jenseits von Hass
Weiter, nur weiter, ich spuere nichts mehr
Nur den Sog der unendlichen Zeit
Bis hin zum eisigen Ende der Welt
Ich bin zu springen bereit
The Scarlet Letter/Bremer Band aus den 80ern, die Saengerin und Schlagzeugerin arbeitet heute u. A. als Dichterin.